Die Internationale Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen ist eine internationale gesellschaftliche Organisation, der über 130 Wissenschaftler – Historiker, Ethnografen, Soziologen, Philologen, Sprachwissenschaftler, Politologen, Kultur- und Kunstwissenschaftler – aus zehn Ländern der Erde angehören. Gegründet wurde die Assoziation im Jahre 1995. Seit 2003 ist sie assoziiertes Mitglied des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur.
Die Geschichte der Assoziation nimmt ihren Anfang im September 1994, als die Teilnehmer der deutsch-russischen wissenschaftlichen Konferenz „Die Russlanddeutschen am Don, im Kaukasus und an der Wolga“ nach einer Analyse „des derzeitigen Standes der wissenschaftlichen Forschung […] beschlossen, eine Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen zu gründen“. Ebenda, auf der Konferenz in Anapa, wurde ein Koordinationsrat gebildet. Dieser legte nicht nur den Entwurf für eine Satzung vor, sondern organisierte auch die Herausgabe eines thematischen wissenschaftlichen Informationsbulletins, das unter dem Titel „Die Russlanddeutschen“ zum offiziellen Organ der Assoziation wurde und zwischen 1995 und 2014 einmal im Quartal erschien. Seit 2015 ist das „Jahrbuch der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschiche und Kultur der Russlanddeutschen“ das offizielle Organ.
Die Gründung der Internationalen Assoziation wurde offiziell auf der 2. Internationalen Konferenz zur Erforschung der Geschichte und Kultur verkündet, die im September 1995 in Anapa stattfand. Die Gründungsversammlung, auf der auch die Satzung der Assoziation verabschiedet wurde, fand am 6. Februar 1996 statt. Vorsitzender der Assoziation wurde Igor Plewe.
Satzungsziele der Assoziation
Erhaltung des historischen und kulturellen Erbes der Russlanddeutschen;
Erforschung der kulturellen Traditionen und Bräuchen;
Durchführung von verschiedenen Forschungsprojekten zu Geschichte, Religion, Ethnographie, Kultur und Traditionen, Volksdichtung und Literatur der Deutschen in den GUS-Ländern;
Koordinierung der wissenschaftlichen Forschungsarbeiten in verschiedenen Regionen Russlands;
Kontaktpflege zwischen einzelnen Forschern in den Ländern des postsowjetischen Raumes.
Die Gründung der Assoziation ergab eine starke Anregung der Entwicklung der Geschichtsschreibung der Russlanddeutschen. Vertreten durch den Assoziationsvorstand entstand ein einheitliches Koordinierungszentrum, das die Situation der wissenschaftlichen Forschung analysierte, die jeweils schwächsten Stellen auswählte und Empfehlungen für das Thema der folgenden Konferenz ausarbeitete, was einen mobilisierenden Effekt schuf, dessen Ergebnis die zielgerichtete Entwicklung der Geschichtsschreibung war, im Ganzen mehr oder weniger gleichmäßig.
Als man begann, in den Regionen wissenschaftliche Studien zu betreiben, stieß das auf ein großes Interesse der dort ansässigen Wissenschaftler, die daraufhin begannen, sich aktiv in die Arbeit der Assoziation einzubringen und deren Reihen aufzufüllen. In Saratow, Omsk, Nowosibirsk, Barnaul, Tomsk, Wolgograd, St. Petersburg, Moskau und weiteren Städten entstanden nach und nach Forschungszentren. Außerhalb Russlands wurden solche Zentren in Dnepropetrowsk, Donezk, Odessa, Simferopol, Baku Alma-Ata, Ust-Kamenogorsk und Karaganda gegründet. Neben solchen Altmeistern wie Lew Malinowski, Iwan Kulinitsch, Walentina Tschebotarjowa oder Larissa Belkowez, die sich bereits zu Sowjetzeit mit der deutschen Thematik befasst hatten, schlossen sich jetzt auch viele Wissenschaftler der mittleren und jüngeren Generation an. Das waren nicht nur Hochschullehrer, wissenschaftliche Mitarbeiter aus Forschungsinstituten, Habilitanden oder Doktoranden, sondern auch Studenten.
Im Laufe dieser Jahre wurden über 60 Dissertationen und mehr als 20 Habilitationsschriften verfasst: Аrkadi German (1995), Тatjana Ilarionowa (1997), Igor Plewe (1998), Nina Waschkau (1999), Larissa Moskaljuk (2003), Тatjana Plochotnjuk (2004), Оlga Litzenberger (2005), Viktor Dönninghaus (2006); Jelena Seifert (2008); Iraida Nam (2009), Irina Tscherkasjanowa (2009), Natalja Wenger (Ostaschewa) (2010); Pjotr Wiebe (2010), Tatjana Smirnowa (2010), Olga Jerochina (2012), Natalja Markdorf (2012) Jelena Tschernopluzkaja (2012) u. a.
Auf der turnusmäßigen Wahlberichtsversammlung der Assoziation im Jahre 2002 wurde der Vorstand erneuert. An der Spitze der Assoziation stand nun Prof. Dr. hist. Arkadi German. 2003 fasste die in Moskau abgehaltene Mitgliedervollversammlung den Beschluss zur „Mitgliedschaft der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen in der Assoziation gesellschaftlicher Vereinigungen ‚Internationaler Verband der deutschen Kultur‘“ mit den Rechten eines assoziierten Mitgliedes.
Auf diese Weise wurden die wissenschaftlichen Konferenzen der Assoziation zu den wichtigsten Veranstaltungen, die den Wissenschaftlern in der Forschung halfen. Die Konferenzen fanden jährlich statt: in Anapa (1994–1997), Moskau (1998–2003, 2006–2010, 2012, 2015, 2016), Saratow (2004, 2011), Kislowodsk (2013), Marx (2015). Die Materialien jeder Konferenz wurden veröffentlicht.
Außer von diesen „zentralen“ Konferenzen unter Schirmherrschaft der Assoziation und unter Teilnahme deren Mitglieder wurden während der 20 Jahre viele verschiedene Konferenzen in den Regionen sowie in den Herkunftsländern der Assoziationsmitglieder durchgeführt. Die Konferenzen wurden in Omsk, St. Petersburg, Saratow, Wolgograd, Dnepropetrovsk, Odessa und Göttingen veranstaltet. Als Beispiel kann man die Konferenz in Sankt Petersburg Ende September 2015 anführen, die dem 250. Jahrestag der Gründung der ersten deutschen Kolonien bei St. Petersburg gewidmet war.
Zu einem wichtigen Teil der Arbeit der Assoziation wurde die Organisation und Durchführung von wissenschaftlichen Expeditionen in die ehemaligen deutschen Dörfer in den Jahren 1996–1998 und 2012–2016. Sie ermöglichten, sehr viel praktisches Material von wissenschaftlicher Bedeutung zu sammeln. Dank der letzten Expeditionen wird jetzt ein Verzeichnis aller deutschen Siedlungen Russlands erstellt, das ausführliche Informationen und auch Fotomaterial über den Zustand der Reste der materiellen Kultur der ehemaligen Russlanddeutschen enthält.
Dank der Vermehrung und Aufarbeitung eines großen Umfangs von Tatsachenmaterial war es 2005 möglich, ein komplexes Lehrmaterial „Geschichte der Deutschen Russlands“ mit einem Lehrbuch, einem Sammelband von Dokumentation zum Thema sowie methodischen Materialien vorzubereiten. Im Moment hat es sich in den deutschen Kulturzentren fest etabliert und ist eine Grundlage für das breitenwirksame Studium der Geschichte der Russlanddeutschen.
Zum Internetportal RusDeutsch gehört eine Online-Bibliothek mit einem Großteil der Bücher zur Kultur und Geschichte der Russlanddeutschen, einer ausführlichen und reich bebilderte Online-Version des Handbuchs „Geschichte der Russlanddeutschen“ und einem virtuellen Museum (wird z. Z. erneuert).
Die Internationale Assoziation arbeitet derzeit an folgenden wichtigen Projekten „Neue illustrierte Online-Enzyklopädie der Russlanddeutschen“; Verzeichnis der deutschen Siedlungen in Russland“, „Die gemeinsame Online-Datenbank ‚Die repressive Politik gegen die Russlanddeutschen im 20. Jahrhundert‘”.
Die Internationale Assoziation wird bei ihrer Arbeit von den Regierungen Russlands, Deutschlands und auch anderer Staaten, in denen Mitglieder der Assoziation tätig sind, unterstützt. Fast alle Projekte der Assoziation werden mit der Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur durchgeführt.
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Institut für ethnokulturelle Bildung schreibt den Wettbewerb für studentische Forschungsprojekte zum Thema aus: "Schule, Gymnasium, Universität im russisch-deutschen Diskurs (zum 300. Geburtstag von Immanuel Kant)".
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In der E-Bibliothek der Russlanddeutschen „RusDeutsch“ gibt es eine Neuerscheinung: 2 (12). Ausgabe des „Jahrbuchs der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen“. Die Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift enthält 13 Beiträge für drei Rubriken: „Geschichte“, „Ethnografie“, „Russland und Deutschland“.
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Ende September fand in Nürnberg die wissenschaftliche Konferenz „Stand und Perspektiven der Erforschung und Vermittlung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen“ statt. Veranstalter: Wissenschaftliche Kommission für die Deutschen in Russland und in der GUS (WKDR) in Kooperation mit dem Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR)-
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