Am 2. Oktober verstarb im Alter von 96 Jahren Lew Malinowskij, ein großer wissenschaftlicher Historiker, ein herausragender Forscher der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen, einer der Begründer der modernen Geschichtsschreibung der Russlanddeutschen und Gründer der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen.
Lew Malinowskij wurde am 25. Februar 1925 in Moskau in eine Beamtenfamilie geboren. Sein Vater, Viktor Malinowskij, war Schuldirektor und lehrte in den Moskauer Universitäten. Er beherrschte die Sprachen Latein, Griechisch und Französisch.
Im Jahre 1943 absolvierte Lew vorzeitig die Mittelschule, während er sich in der Evakuierung in Tschuwaschien (Stadt Alatyr) befand. Anschließend wurde er in die Rote Arbeiter- und Bauernarmee mobilisiert und musste Leningrad verteidigen. Während seiner Zeit in der Armee absolvierte er die Kurse der politischen Abteilung der Roten Armee zur Ausbildung Politarbeiter für die Arbeit in der Truppe und auf gegnerischem Territorium mit dem militärischen Rang „Unterleutnant“. Nach einem mehrmonatigen Einsatz im Baltikum wurde er nach Berlin versetzt, wo er von Oktober 1945 bis August 1946 in der Presseabteilung der Zentralen Militärkommandantur der Sowjetunion arbeitete und als Dolmetscher für den Berliner Kommandanten tätig war. Von 1946 bis 1948 arbeitete er in Schwerin in der sowjetischen Administration von Mecklenburg. Im Jahre 1948 kehrte Lew Malinowskij nach Moskau zurück. Aus Deutschland nahm er das Wertvollste mit: die Kenntnis über die deutsche Kultur, einen Einblick auf das Leben der Deutschen und den Wunsch, das Land in seiner vollkommenen Vielfalt und vor allem seine Geschichte weiter zu erforschen. Zwischen 1948 und 1952 studierte Lew Malinowskij Englisch, Deutsch und Indonesisch am Militärinstitut für Fremdsprachen der Sowjetarmee. Danach schrieb er sich am ersten Staatlichen Pädagogischen Institut in Moskau (benannt nach Maurice Thorez) ein und schloss im Jahre 1954 sein Studium im Fachbereich der deutschen Sprache mit Auszeichnung ab. Während seines Studiums am Institut arbeitete er in der Druckerei des Verlags „Inostrannaja literatura“ (dt. Ausländische Literatur).
Im Jahr 1955 zog er nach Barnaul, um in der Redaktion der deutschen Zeitung „Arbeit“ zu arbeiten. Sie war die erste deutschsprachige Zeitung in Sibirien nach 1938. Von 1957 bis 1962 arbeitete er als Korrespondent für die deutschsprachige Zentralzeitung „Neues Leben“ in der Region Altai. Gleichzeitig arbeitete er mit den deutschsprachigen Zeitungen „Die Rote Fahne“ und „Zeitung für Dich“ zusammen und war der Redakteur des Almanachs „Unser Wort“. Im Jahre 1962 war Lew Malinowskij ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der sibirischen Abteilung der Akademie der Wissenschaften der UdSSR im Akademgorodok in Nowosibirsk im Institut für Wirtschaft und industrielle Produktionsorganisation, wo er bis 1969 mit der Übersetzung wissenschaftlicher Unterlagen aus dem Deutschen und Englischen beschäftigt war. Das Hauptgebiet seines wissenschaftlichen Interesses war die Geschichte der Russlanddeutschen in Sibirien. Zu dieser Zeit besuchte er im Fernstudium eine Aspirantur an der Staatlichen Universität Tomsk. 1967 verteidigte er seine Dissertation „Deutsches Dorf in Sibirien in den 1920er bis 1930er-Jahren“, mit der er den Titel „Kandidat der Historischen Wissenschaften“ verdiente. Von 1970 bis 1978 arbeitete er als Dozent des Lehrstuhls für deutsche Sprache an der Staatlichen Pädagogischen Universität in Barnaul und von 1978 bis 1985 war er Dozent des Lehrstuhls für allgemeine Geschichte an der Staatlichen Universität Altai. Zwischen 1976 bis 1978 studierte er in der Doktorantur der Staatlichen Universität Leningrad und verteidigte 1990 seine Doktorarbeit über „Die Geschichte des deutschen Dorfes in Südrussland“, mit der er den Titel „Doktor der historischen Wissenschaften“ erhielt. In den Jahren 1990 bis 1992 arbeitete er als Redakteur für deutsche Publikationen im Buchverlag des Altai. Anschließend kehrte er 1992 als Professor für deutsche Philologie an die Staatliche Pädagogische Universität in Barnaul zurück und lehrte die Geschichte der Russlanddeutschen und die deutsche Landeskunde in deutscher Sprache.
Lew Malinowskij ist einer der Begründer des wissenschaftlichen Themas „Deutsche in Sibirien und Russland“ sowie Autor der Monografien „Soziales und wirtschaftliches Leben des deutschen Dorfes in Russland (1762-1871)“ (1986), „Sprachliche Entwicklung des deutschen Dorfes in Sibirien“ (2007, zusammen mit O. Resnitschenko), „Deutsche in Russland und Sibirien“ (2000) und des Lehrbuchs zur Geschichte der Russlanddeutschen. Er verfasste mehr als 100 Forschungsarbeiten zur Geschichte der Russlanddeutschen und über 700 wissenschaftliche Veröffentlichungen. Er beteiligte sich an der Erstellung der Enzyklopädie „Die Deutschen Russlands“ und an der Zusammenstellung des biobibliografischen Wörterbuchs „Forscher der Region Altai. Vom 18. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts“. Zu den Auszeichnungen von Lew Malinowskij gehören die Medaille „Für die Verteidigung Leningrads“, der Orden des Vaterländischen Krieges II. Klasse, der Orden „Für Verdienste in der Arbeit“ (2015) und das Dienstabzeichen „Ehrenarbeiter der Hochschulbildung der Russischen Föderation“ (2010).
Wir sprechen wir Familie von Lew Malinowskij unser tiefstes Beileid aus.
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Institut für ethnokulturelle Bildung schreibt den Wettbewerb für studentische Forschungsprojekte zum Thema aus: "Schule, Gymnasium, Universität im russisch-deutschen Diskurs (zum 300. Geburtstag von Immanuel Kant)".
02.12.2022
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Ende September fand in Nürnberg die wissenschaftliche Konferenz „Stand und Perspektiven der Erforschung und Vermittlung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen“ statt. Veranstalter: Wissenschaftliche Kommission für die Deutschen in Russland und in der GUS (WKDR) in Kooperation mit dem Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR)-
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