17. November 2018

Kurz die wichtigsten Ergebnisse des Kulturhistorischen Seminars

Vom 7. bis 11. Oktober fand in Bayreuth das 3. Kulturhistorische Seminar statt. Dieses Mal stand es im Zeichen der Digitalisierung des kulturhistorischen Erbes der Russlanddeutschen. An der Veranstaltungen nahmen über 80 junge Wissenschaftler teil: Historiker, Ethnografen, Philologen und Sprachwissenschaftler aus Russland und Deutschland.



Das Seminar hatten wieder der Internationale Verband der deutschen Kultur (Russland) und das Institut für ethnokulturelle Bildung (Russland) zusammen mit der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland (Deutschland) und dem Alexander-von-Humboldt-Forum in Goldkronach (Deutschland) vorbereitet. Die Idee, das diesjährige Treffen in Bayreuth, an der dortigen Universität, zu veranstalten, wurde auf der Tagung der Deutsch-Russischen Regierungskommission zu Fragen der Russlanddeutschen im vergangenen Jahr in eben in dieser Stadt geboren und auf der Konferenz der Hanns-Seidel-Stiftung in Omsk weiterentwickelt. Außerdem wird derzeit an der Schaffung eines interuniversitären Zentrums gearbeitet, dessen Ziel darin bestehen soll, die Zusammenarbeit zwischen den Omsker Hochschulen,  dem Deutsch-Russischen Haus in Omsk, dem Institut für ethnokulturelle Bildung und der Universität Bayreuth zugunsten der Russlanddeutschen zu organisieren.

Die Besonderheit des dreitägigen Seminars war die gemeinsame Arbeit junger Wissenschaftler aus Russland und Deutschland, die die Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen erforschen, was der Akkumulation bilateraler deutsch-russischer Erfahrungen im wissenschaftlich-praktischen Bereich dienlich ist und dazu beitragen wird, die Zusammenarbeit wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Vereinigungen zu diesen Fragen zu fördern. Um dieses Zieles effektiver zu erreichen, werden zur Leitung der Arbeitsgruppen auch promovierte Wissenschaftler aus beiden Ländern hinzugezogen.

Inhaltlich und personell wird das Seminar traditionell von der Internationalen Assoziation zur Erforschung von Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen unter der Leitung von Prof. Dr. sc. hist. Arkadi German sichergestellt. Die Assoziation, der über 130 Wissenschaftler aus zehn Ländern der Erde angehören, befasst sich schon fast 25 Jahre mit dem Erhalt des historischen und kulturellen Erbes der Russlanddeutschen, der Erforschung kultureller Traditionen und religiöser Bräuche, mit wissenschaftlichen Untersuchungen, mit der Koordination der wissenschaftlichen Forschungstätigkeit in den verschiedenen Regionen des Landes, mit der Organisation enger Kontakte zwischen Wissenschaftlern und  der Herstellung wissenschaftlicher Beziehungen zwischen gesellschaftlichen Organisationen in Russland und im Ausland.

Die Teilnehmer der Veranstaltung resümierten die gewonnenen Erfahrungen und erarbeiteten Projektentwürfe zum Erhalt des kulturellen Erbes der Deutschen in Russland in den unterschiedlichsten Bereichen: Geschichte, Ethnografie, Literatur, Medien und Sprache. Desweiteren diskutierte man die Frage, wie das Erbe Alexander von Humboldts bewahrt und verbreitet werden kann, dessen 250. Geburtstag im kommenden Jahr begangen wird.

In Bezug auf die Tätigkeit der Selbstorganisation der Deutschen Russlands wurde beschlossen, das Projekt zur Digitalisierung der regionalen und landesweit vertriebenen Presse der Russlanddeutschen fortzusetzen und eine Datenbank für die russlanddeutsche Presse zu schaffen. Auf der Internetseite RusDeutsch soll eine „Öffentliche Online-Universität der Russlanddeutschen“ entstehen. Jeder, der das wünscht, kann hier Online-Vorlesungen verfolgen und die Freischaltung bekommen.

Um die Medienarbeit zu aktivieren und zu systematisieren, wurde der Vorschlag unterbreitet, die Nachrichtenagentur RusDeutsch zu gründen, die die Informationsquellen der Russlanddeutschen auf regionaler und Landesebene sowie der Russlanddeutschen in Deutschland bündeln soll. Außerdem wurde als besondere Aufgabe die Notwendigkeit erkannt, einen Bildungsauftrag zu formulieren, um an Hochschulen in Russland und Deutschland die mediale Darstellung der Russlanddeutschen untersuchen zu lassen und die Kommunikation mit deutschen Minderheiten in den Ländern Europas und der GUS zu verstärken.

Zur Aktivierung der Spracharbeit ist vorgesehen, Forschungsarbeiten zum Thema „Deutsch als Sprache der Identität“ zu fördern, das Online-Projekt „Dialekte in Sibirien“ zu verwirklichen, Lesebücher mit plattdeutschen Aufgaben für Kinder zu entwickeln sowie Online-Lehrgänge zu verschiedenen Themen (Geschichte, Kultur und Literatur der Russlanddeutschen) anhand bereits existierender methodischer Unterrichtsmaterialien vorzubereiten und online zu stellen.

Um die russlanddeutsche Literatur zu erhalten und weiterzuentwickeln, wurde vorgeschlagen, ein Verzeichnis der materiellen Quellen anzufertigen, damit auf dieser Grundlage ein digitales Bücher- und Handschriftenarchiv entwickelt werden kann, um Handschriften, Bücher, Literaturzeitschriften und Almanache russlanddeutscher Schriftsteller sowie die Literaturbeilagen von Zeitungen und materielle  literarischen Schätze (Gegenstände mit Erinnerungswert) für ein virtuelles Museum zu digitalisieren und damit auch die Erforschung der russlanddeutschen Literatur zu unterstützen.

Ein besonderes Thema des Seminars war die Erarbeitung von Vorschlägen zur Erhaltung des kulturellen Erbes Alexander von Humboldts, des „Aristoteles des 19. Jahrhunderts“, dessen 250. Geburtstag wir im kommenden Jahr begehen werden. Das Ergebnis der Arbeit der dafür zuständigen Gruppe war ein breites Spektrum an Programmen und Projekten, die darauf abzielen, das wissenschaftliche Erbe dieses Gelehrten zu erhalten und zu popularisieren: eine Konferenz in Bayreuth, die sich mit dem Karrierestart Humboldts in Franken und seiner Russlandreise, die seine letzte war, befasst, Mikrokonferenzen mit einem Wettbewerb von Studentenarbeiten im Vorfeld und Organisation einer Sondersitzung in Omsk zum Geschichtsunterricht anhand von Materialien über Humboldts Reise durch Sibirien, Organisation öffentlicher Seminarstunden an Omsker Hochschulen, ein musikalisch-literarischer Abend in Berlin und Moskau, das Projekt „Humboldt im Netz“, Vorbereitung eines Sammelbandes mit Materialien von Konferenzen, die Humboldt gewidmet sind und ein Humboldt-Marathonlauf auf der Strecke, auf der Humboldt in Russland unterwegs war.

Die Seminarteilnehmer hoben besonders hervor, dass bei der Umsetzung dieser Projekte eine enge Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern, Bildungseinrichtungen und gesellschaftlichen Organisationen in Russland und Deutschland unumgänglich ist, damit eine maximale Wirkung erzielt werden kann.

Dr. phil Uljana Ilina (Moskau, Russland), Seminarreferentin

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Institut für ethnokulturelle Bildung - BiZ